Freiheitsleuchten - 500 Jahre Bauernkrieg
Vor genau 500 Jahren erhoben sich zehntausende Bauern in einem beispiellosen Aufstand – einem historischen Fanal, das bis heute nachwirkt. Was als lokaler Protest gegen Hunger, Ausbeutung und Willkür begann, entwickelte sich zu einem Massenaufstand: dem Bauernkrieg von 1524/25. Doch dieser „Krieg“ war weit mehr als ein kurzes Aufflammen – er war der Höhepunkt jahrzehntelanger sozialer Spannungen, die erste durch Medien induzierte Massenbewegung und die erste Formulierung von Menschenrechtsforderung der deutschen Geschichtsschreibung.
Durch Ernteausfälle, steigende Abgaben und die gnadenlose Herrschaft der Grundherren waren die Umstände für die Unterschicht schon lange Prekär. Besonders leibeigene Bauern litten unter einem System, das sie weitreichend entrechtete. Die aufkommende Reformation gab den intellektuellen Zündstoff für die Proteste der Bauern und mit Ihr tauchten Fragen auf, die bis heute relevant bleiben: nach sozialer Gerechtigkeit, der Aufhebung von Klassen- und Ständegesellschaft, und der universellen Würde jedes Menschen. Denn Freiheit, so meinten die Bauern, müsse für alle gelten – nicht nur für Adel oder Klerus.
Der Buchdruck wurde zum Motor der Eskalation. Die neue Technologie machte erstmals eine massenhafte Verbreitung von Ideen möglich. Flugblätter, besonders die Zwölf Artikel – eine Art Manifest der Bauern –, zirkulierten in riesiger Auflage und wurden zum meist-gedruckten Werk der frühen Reformation. So wurde der Bauernkrieg zum ersten Medienereignis deutscher Geschichte. Doch der Aufstand gegen die als gottgewollt geltende Ordnung wurde brutal niedergeschlagen: Über 75.000 Tote und zahllose zerstörte Existenzgrundlagen zeugen vom blutigen Ende des Freiheitskampfs. Die Feudalherrschaft behielt die Oberhand – besser organisiert, militärisch überlegen und taktisch vernetzt.
In den folgenden Jahrhunderten wurde der Aufstand meist negativ dargestellt – als warnendes Beispiel, wie gefährlich und sinnlos Widerstand gegen die bestehende Ordnung sei. Zugleich aber diente er auch als Mahnung an die Mächtigen als Folge von Ausbeutung. Erst im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert begann sich das Bild zu wandeln. Der Bauernkrieg wurde neu gedeutet: als früher Ausdruck von Freiheitswillen, als Menschenrechtsbewegung, sowie als Revolutionsversuch. Seitdem wurde der Konflikt immer wieder politisch vereinnahmt. Ironischerweise sah sich sowohl der Nationalsozialismus wie der real existierende Sozialismus als Vollendete Form der aus dem Bauernkrieg hervorgegangenen Forderungen.
Die Orte des Aufstands stehen heute sinnbildlich für eine frühe Sehnsucht nach Freiheit, die über Jahrhunderte hart erkämpft wurde. Für Protest, gesellschaftlichen Umbruch, der durch medialen Wandel ermöglicht wurde und für eine Bewegung, die über Jahrhunderte vielseitig Interpretiert und Instrumentalisiert wurde.